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Fliegen wie anno dunnemals

Fliegen wie anno dunnemals

Eine kleine Gruppe Grefrather Piloten hat am vergangenen Wochenende ein wenig historische Fliegerluft geschnuppert. Für ein Wochenende durften die Niederrheiner auf der Wasserkuppe mit einem SG38 sogenannte Gummiseilstarts üben und dabei fliegen wie anno dunnemals. 

„Der Schulgleiter SG 38 ist das meistgebaute Flugzeug der Alleinflugausbildung der 1940er-Jahre. Dieses Gleitflugzeug wurde ab 1936 entwickelt und ab 1938 in großer Stückzahl sowohl im Amateur- als auch im Industriebau hergestellt. Der SG 38 wurde hauptsächlich zur Anfängerschulung eingesetzt. Die Abkürzung „SG“ bezieht sich ursächlich nicht auf die Bezeichnung Schulgleiter, sondern auf „Schneider“ in „Grunau“. „38“ steht für das Einführungsjahr 1938“ (Quelle: Wikipedia). 

Fliegen wie anno dunnemals
Der SG 38 wird auf den Transportwagen geladen

Verglichen mit modernen Segelflugzeugen, sieht ein SG 38 schon ziemlich abenteuerlich aus. Mit nur 94kg Gewicht, keinen Instrumenten und einem Pilotensitz im Freien unterscheidet sich ein SG38 deutlich von den Flugzeugen, die die Grefrather normalerweise fliegen.

Der Oldtimer Segelflugclub Wasserkuppe (OSC Wasserkuppe e.V.) hat sich zum Ziel gesetzt, historische Segelflugzeuge flugfähig zu erhalten. Im Rahmen sogenannter „SG Fliegen“ – Wochenenden bietet er interessierten Vereinen die Möglichkeit, diese historischen Schätze einmal selbst zu fliegen. Im Rahmen eines solchen SG Wochenendes konnten auch die Grefrather Piloten Flugluft von anno dunnemals schnuppern.

Als wenn all dies nicht schon abenteuerlich genug wäre wurden die Starts auf der Wasserkuppe mit dem Gummiseil durchgeführt. Der Gummiseilstart war anno dunnemals die Norm für den Start von Segelflugzeugen.

Fliegen wie anno dunnemals
Piloten-Briefing mit Gummiseil im Vordergrund

Im Grunde funktioniert das Verfahren, wie eine Zwille. Hinter dem Flugzeug hält die Haltemannschaft das Flugzeug an einem Tampen fest. Vor dem Flugzeug legt die Startmannschaft V-förmig ein Gummilsei aus. An jedem Schenkel des V greifen sich 7-9 sogenannte „Gummihunde“ das Seil. Auf das Kommando „Ausziehen“ straffen die Gummihunde das Seil durch allmähliches Weggehen vom Flugzeug. Mit dem Kommando „Laufen“ wechselt die Gangart in einen möglichst schnellen Lauf. Das sich straffende Gummiseil bremst den Lauf natürlich zusehends. Ist das Seil gut gespannt (dazu gibt es eine entsprechende Anzeige) ruft der Startleiter „Los“. Auf dieses Kommando hin lässt die Haltemannschaft das Flugzeug los. Je nach Pilotengewicht beschleunigt das Flugzeug jetzt mehr oder weniger schnell und beginnt zu fliegen.

Gummiseilstart im leichten Nebel auf der Wasserkuppe

Im tiefen Boden der Wasserkuppe haben die Gummihunde natürlich einen körperlich äußerst anspruchsvollen Job. Entsprechend wichtig ist eine große Zahl von Piloten in der Gruppe zu haben, um möglichst nach jedem Start die Gruppe durchzuwechseln.

Unsere Gruppe am Wochenende war knapp über 30 Personen stark – gebildet aus Mitgliedern von vier Clubs aus dem Rheinland: Wanlo (Verein für Luftfahrt Mönchengladbach,Rheydt und Umgebung), Bergheim (LSC Erftland), Gustorf (Aero-Club Grevenbroich-Neuss) und Grefrath (LSV Grenzland). Dennoch: als am Samstag der erste Durchgang geschafft war (33 Starts, 33x mal rennen, 33x wieder den Berg hinauflaufen), war die Luft weitgehend raus. Nach weiteren 10 Starts waren alle Piloten fertig und bereit für ein leckeres Bier mit Bratwürsten. Die körperliche Anstrengung – samt Muskelkater an komischen Stellen – führte dann auch zu einem alsbaldigen Gang ins Bett.

Am Sonntag morgen hatte der Wind auf Ost gedreht. Während am Samstag bei Nordwind nur ein eher flacher Hang (mit entsprechend kurzen Flugzeiten) zur Verfügung stand, konnten die Niederheiner am Sonntag von einem etwas steileren und weiteren Hang starten. Die Flugzeiten stiegen dabei im Schnitt von eher 12-15 sec am Freitag auf um die 20 sec. Die Startstelle befindet sich unterhalb des Radoms an einem beliebten und bevölkerten Wanderweg. So bildete das rheinische Gummiseilteam eine beliebte Attraktion mit zum Teil 50 Zuschauern pro Start.

Fliegen wie anno dunnemals
Fliegen wie in den 30er Jahren

Gegen 13:00 am Sonntag waren alle Piloten zweimal geflogen. Während die Einen bereits die Rückfahrt antraten, nutzten die Anderen noch die Gelegenheit zu einem geführten Besuch im Segelflug-Museum.  Ein tolles Wochenende mit Fliegen wie anno dunnemals nahm ein Ende im üblichen Stauchaos auf Deutschlands Autobahnen.

Unser Dank geht vor allem an den OSC Wasserkuppe e.V., dessen Mitglieder mit ihrem Engagement derartige Flugerlebnisse überhaupt erst ermöglichen.

Autor

Ich bin einer von ca. 25 Fluglehrern im LSV Grenzland e.V. Wenn ich nicht an der Webseite rumfummle, versuch ich möglichst oft, im Segelflugzeug zu sitzen. Nur im Winter, wenn der Segelflug am Niederrhein ruht, zieht es mich auch in Motorflugzeuge. Alles in allem hab ich so 1.100 Flugstunden und ca. 1.800 Starts auf dem Buckel.