Know-How

Der Kuller

Aufbau und Funktion

Wer schonmal auf einem Segelflugplatz war, hat sie schon gesehen. Komische bunte Dinger, die den Flugzeugen um die Rumpfröhre geschnallt werden. Sie dienen der besseren Manövrierbarkeit am Boden und beim Ein- bzw. Aushallen. Und sie haben einen Namen: Kullerchen – oder kurz Kuller. Wobei es „das“ Kullerchen und „der“ Kuller heißt – warum auch immer.

Die GFK-Schale ist geteilt, die Hälften können um eine seitlich angebrachte Scharnierleiste auf- und zugeklappt werden und auf der Gegenseite mit Metallschnallen gelöst oder gespannt werden.Sobald das Segelflugzeug für den Start ausgerichtet ist, wird der Kuller vom Segelflugzeug abgenommen und an einer Sammelstelle, zum Beispiel am Startwagen, dort wo üblicherweise kein Fahrzeug- und Personenverkehr stattfindet, abgelegt.

Gestartet wird ohne Kuller

Um den Kuller an- oder abzuschnallen, muss das schwere Rumpfende angehoben werden. Oft versucht ein Helfer, gleichzeitig auf die Rumpfspitze zu drücken, um dem Gewicht am Rumpfende entgegenzuwirken. Bei vielen Flugzeugmustern kann dies allerdings Druckstellen und Risse in der Rumpfnase verursachen.

Bereits der Flugschüler übt zu Beginn seiner Segelflugausbildung im Zuge der Bodeneinweisung die richtigen Handgriffe, um den Kuller so anzubringen oder zu entfernen, dass er mit den harten oder scharfkantigen Teilen nirgendwo aneckt und die Lackierung in der Umgebung der Kullerstelle am Rumpf und Leitwerk nicht beschädigt wird.

Leider geht bei vielen diese Fertigkeit mit fortschreitender Ausbildung schnell verloren. Erst während der Winterarbeit mit mühsamem Ausbessern der zahlreichen tiefen Macken und Katschen und filigranem Nacharbeiten und Polieren der Lackstellen kehrt die Erinnerung zurück.

Fliegen mit Kuller

Gannz selten wird das Abschnallen vor dem Start „vergessen“ und das, obwohl der Punkt „Spornkuller entfernt“ in der Liste für den Startcheck aufgeführt ist.
Mit angeschnalltem Kuller zu starten, zu fliegen oder zu landen ist im Prinzip nicht unmittelbar lebensgefährlich, da das Segelflugzeug immer noch funktions- und flugfähig ist. Aber es besteht zumindest die große Gefahr eines Kontrollverlustes (und das ist dann lebensgefährlich), denn:

  • Der Schwerpunkt des Segelflugzeuges ist durch das im Spornbereich angehängte Gewicht von einigen Kilogramm deutlich nach hinten versetzt. Es besteht im Langsamflug Abkipp- und Trudelgefahr!
  • Das gesamte Flugzeughandling wird wegen des (zu) weit hinten liegenden Schwerpunktes mindestens ungewohnt, wenn nicht sogar kritisch sein.
  • Das Startverhalten ist nicht optimal, da wegen des schwenkbaren Rads die Richtungsstabilität eingeschränkt und wegen des kleineren Anstellwinkels beim Anrollen der Auftrieb geringer ist.
  • Der Kuller kann durch harte Schläge beim Rollen über Unebenheiten oder Landestöße beschädigt werden. Möglicherweise sind die Beschädigungen so stark, dass sich der Kuller im Flug löst und runterfällt.
  • Der Flugschüler oder unerfahrene Pilot, der sein Kullerproblem erkannt hat, zeigt möglicherweise Nerven, reagiert falsch und bringt sich dadurch in Gefahr.

Kein Freibier für Vergesslichkeit

Auf vielen Segelflugplätzen ist es üblich, einen Kasten „Kullerbier“ zu verlangen, sobald der Pilot im Cockpit sitzt und seine Startbereitschaft signalisiert während der Kuller noch angeschnallt ist. Dies geschieht meist unter lautem (hämischem) Gejohle der Umstehenden. Nur der betroffene Pilot schaut dann sehr unglücklich.

Wir in Grefrath pflegen diesen Kult nicht. Flugsicherheit gelingt nur durch Teamgeist, wenn jeder jedem hilft und sich alle zuständig und verantwortlich fühlen, auch für das rechtzeitige Abschnallen des Kullers. Zuständig und verantwortlich sind zumindest alle, die sich um den Startablauf kümmern: Der Pilot, der Einklinker, der Flügelflitzer, der Startleiter, der Telefonist aber auch alle anderen, die am Flugbetrieb mitmachen. Spätestens wenn der Flieger in Startrichtung ausgerichtet ist, wird der Kuller entfernt.